Immunstärkung durch künstlerische Aktivität beim Kochen

Am meisten wird das Immunsystem gestärkt, wenn der Mensch seine eigenen Fähigkeiten entdeckt, sie benützen lernt und etwas Neues zu schaffen beginnt. In diesen Tagen der Krise finden wir jedoch vielfach das Gegenteil. Ängste, das Gefühl nichts tun zu können und abwarten zu müssen, bremsen die Antriebskräfte und schwächen die Immunabwehr. Benötigen wir deshalb nicht gerade in dieser Zeit verstärkt den Mut, dennoch schaffend tätig zu werden und aus den vielen Belastungen heraus das Gegenteil einer idealeren Zukunft zu denken?

In allen Bereichen des Lebens ist dies möglich. Wie könnte der Frieden ganz praktisch aussehen, beginnend in den täglichen Begegnungen? Wie könnte ein idealer Betrieb aussehen, der die Würde aller Beteiligten stärkt? Wie könnten die täglichen Speisen aussehen, die uns sowohl mit gesunden Inhaltsstoffen versorgen und uns darüber hinaus auch im Seelischen aktivieren, beruhigen oder ordnen und in der Entwicklung anregen? Wie können wir selbst dem Leben neue Werte hinzufügen?

Formen und Farben ernähren den Menschen mehr als die Substanzen

Eine farblose Speise mit indifferenten Formen. Eine Disharmonie wird bleiben nach dem Mahl, obwohl alle Zutaten biologisch angebaut wurden.

Beim Kochen können die Hausfrau oder der Koch den Speisen tatsächlich etwas hinzufügen, das die Nahrungsmittel alleine nicht beinhalten. Es sind beispielsweise die Formen, die Gestaltungen, die sie beim Zubereiten erschaffen. Der Duft einer Speise, der Geschmack, die Farben und Formen, die die Augen erblicken, sind vom Koch kreiert. Sie sind nicht mit der Waage messbar, wie es die Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralstoffe sind und dennoch ernähren sie den Menschen mehr als die physischen Substanzen. Ob wir uns zufrieden und gut genährt fühlen, hängt viel mehr von diesen Sinneseindrücken ab, als von den Inhaltsstoffen. Denn der Mensch ist kein mechanisches Wesen, sondern ein Wesen mit wachen Sinnen und seelischen Empfindungen.

Es ist die Hausfrau, die den Karotten eine neue Form gibt. Sie schneidet sie nicht nur klein, weil sie dadurch leichter zu essen sind, sondern sie wählt bewusst eine Form, die für die Sinne ansprechend wirkt. Sie stellt sich beispielsweise kleine Würfel vor für eine geschwächte oder kranke Person und denkt dabei auch an den freudigen Sinneseindruck, der die Lebenskräfte sanft anregt.

Oder sie stellt sich die Karotten in lebendig geschwungener Schlangenform vor, mit denen sie den erschöpften Freund oder die müden Kinder nach der Schule wieder aus sich heraus lockt. Jede interessierte Wahrnehmung nach außen bringt unmittelbar die Lebenskräfte wieder ins Fließen.

Was geschieht, wenn die Hausfrau Karotten nicht nur zerkleinert, damit sie leichter zu essen sind, sondern bewusst eine neue Form wählt? Sie stellt sich bildhaft vor, wie die Karottenschlangen auf dem Teller liegen und wie sie beispielsweise die weiche cremige Hirse ergänzen, denn nicht zu weich und breiig soll das gesamte Gericht sein, aber auch nicht zu trocken und zu kompakt. Die Weichheit und Flauschigkeit der Hirse gibt ein Gefühl des Aufgenommenseins, der Entspannung nach der Anstrengung des Tages und die lebendigen Karottenschlangen regen eine regenerierende Wachheit an. Oder sie stellt sich die Karotten in schräg geschnittenen Kreisen vor mit Zwiebeln und Ingwer in kleine Würfeln geschnitten, sowie etwas Petersielie, die in etwas Öl und wenig Wasser in der Pfanne gedünstet werden, bis sie eine weiche Konsistenz erlangen. Dazu stellt sie sich knusprige Dinkelstangen und Würfel aus gebratenem Käse vor.

Die Formen entstehen zuerst in Gedanken und werden dann in die Praxis geführt.

In der Vorstellung wägt die Hausfrau dies ab, bis ein harmonisches Bild entsteht, das sie dann in die Tat umsetzt. Das vorbereitende Denken und Vorstellen der Karottenwürfel oder -schlangen fließt als Substanz in die Speise und lässt sie auf dem Teller viel intensiver erscheinen.

Die Lebenskräfte stärken sich im aktiven Gestalten

Aus einer einfachen Zwiebel wird ein ansprechendes Gericht

Es ist nicht einerlei, ob wir eine Speise aus der Gewohnheit mehr mechanisch zubereiten und die Gedanken ganz wo anders sind oder ob wir bewusst die Formen denken und sie harmonisch kombinieren. Der Gedanke der Form kommt als feine kräftigende Substanz zu der Speise hinzu. Er erzeugt einen lichten Schimmer über der Speise und macht sie sehr anziehend. Selbst einfachste Nahrungsmittel werden in ihrer Qualität angehoben und stärken die Menschen.

In schlechten Zeiten oder auf Reisen, wenn vielleicht nicht alle Lebensmittel in guter Qualität erhältlich sind, kann der Koch dies durch seine kreative und schaffende Tätigkeit ausgleichen. Qualitativ gute Nahrungsmittel hingegen kann er in ihrer Qualität weiter anheben. Eine erste Unabhängigkeit von äußeren materiellen Bedingungen entsteht dadurch und eröffnet eine neue Freiheit für den Einzelnen, selbst die Dinge in die Hand zu nehmen und in einen Aufbau zu führen. Diese Freiheit besteht letztendlich auch darin, dass wir nicht unsere Gesundheit von den Nahrungsmitteln alleine erhoffen müssen, sondern aufbauende Kräfte selbst hinzufügen können.

Wie der Musiker mit seinem geübten Geigenspiel dem Leben mehr Freude oder beruhigende Klänge hinzufügt oder der Maler, der den Pinsel zu führen weiß, ein farbenfrohes Bild erschafft, das bei jedem Anblick das seelische Bedürfnis nach schönen Eindrücken stillt, so kann auch die Hausfrau neue Qualitäten hinzufügen. Scheint es nicht sogar notwendig zu sein, dass der Einzelne sich seiner möglichen Schaffenskräfte bewusst wird und selbst aufbauende Substanzen erzeugen lernt? Sowohl der Koch selbst als auch die Menschen für die er kocht, erfahren in dieser Weise eine gesunde Anregung und Immunstärkung.